Sie kamen an einen Soldatenfriedhof bei Bayeux . Wunderschön , der gepflegte englische Rasen und die schneeweißen Kreuze ; da es ein amerikanischer Friedhof war , gab es gelegentlich auch weiße Davidsterne . Wunderschön , gepflegt , strahlendweiß wie die Gletscherfelder in der Schweiz , bei Sankt Moritz , und so ordentlich in Reihen angelegt .
Francis wurde wütend . Ordentlich in Reih und Glied , wie sich die Gefallenen bei Lebzeiten noch auf das Signal :
`Ach-tung!!!!´
vor irgendeinem Ranghöheren aufgereiht hatten ….
Wäre nicht eine andere Art von Totengedenken würdiger : Wenn man , vielleicht als Mosaik , alle die letzten Lebenssekunden vor/während/nach einem tödlichen Schuss abbilden könnte , alle die letzten Dinge , die diese jungen Menschen noch erblickten , irgendwie finden , erschließen , sammeln , aufstellen könnte ; ein Panorama ? die letztmögliche , nicht mehr zu hinterfragende Versammlung von Individuellem ?
LA COCOTTE DU COTENTIN
oder der Versuch , aus einer Reise eine Wallfahrt zu drechseln ….in 120 Kreuzweg-Stationen
1
Alea jacta … .
Atropos schert sich
nur ums Morgenrot .
2
Niederrheineben-
ennebel ! beidseits grüner
Straßeneindämmung .
3
Papyrusgeduldig wartet die Reise auf eine erste Beschriftung :
4
Am Hinbringer-Autobahnrand zeigen die Gewerbegebiete grell , was lieferbar , Lieferpflicht ist , angesagt , jeweils mit Ausrufungszeichen , gesucht geschmackvoll aber grell generell zuverlässig gabentischweihnachtlich quer durchs Jahr .
5
Doch in Flandern….. gelten auch Kühe noch was ,
da sind sie noch was wert ,
sinnen im Klüngel und staksen und brüten ,
schwergewichtig und unbeschwert ,
scannen auch schon mal den Horizont :
Wohin der Umzug dann doch wohl nicht lohnt .
In Flandern , da gelten die Kühe noch was ,
beschweren sie das grüne Gras ;
gelegentlich noch kein Gewerbegebiet :
Vielleicht weils hier so zieht ?
6
Unsere DDR soll schöner werden ! Der Beton-Neubau nach 1945 einer ganzen Region ( Nord-Pas de Calais ) ist gehorsam ergraut unter dem Wetter , das seit Kriegsende auch nicht besser geworden ist . Der Möwenschiss verweigert sich dem Aufpeppen auf egalwelcher Oberfläche . Hier spricht man noch nicht mal Denglisch ! Also ehrlich !
7
Und alles unter dem Möwendach .
Alte Dame gibt Bettler ,
Bröckelbeton , Gilets Jaunes ,
ein Chor frühreifer Reklame-Inschrift
und Namensvergabe /esprit ;
alles unter dem Dach der Möwen …..
Exkrement-Deckweiss ,
wie real ist hier das Menü?
lädt ein zur Reportage ;
hier liegt das Betongold brach ,
Bröckelbeton und Dachstuhlskelett ,
Bettler rühren das Herz alter Damen ,
frühreife Lust an dynamischen Namen ,
Möwenschiss wie Tipp-Ex ,
Dichter schreibt im Reflex .
8
Saint Adresse bei Le Havre :
Sonnen-Silber auf den Wellen der steigenden Flut !
Über die Promenade gehen Schlenderer und Entschlossene . Das Geschichtsbuch füllt sich ! Catwalk vor großzügigstem Tafelsilber .Fast ein stolzer Besitz : Ich komme von rechts , nicht von links .- ICH aber komme von links !
9
Es gibt viel mehr frühe Photographien von Badeurlaubern auf der Promenade als etwa von Straßenszenen in Paris ! Welchen Eindruck von Erdenleben würden Aliens daraus beziehen ? Jeder schreibt so gut er kann , von links nach rechts oder andersherum . Vor dem Ozean ein großes Schreibstudio wie bei den alten Ägyptern . Dazwischen : Menschen verrichten ihre Notdurft , indem sie Photos machen .
10
Murder must advertise ,
ohne Fleiß kein Beweis :
Beton und Roststreifen ,
Urlaub und Lebensschleifen ;
als ständiger Souffleur :
Das Meer ! Das Meer !
Nass ! Alles ist Nässe
ohne feste Adresse ;
Wind und Luftgezerre
gegen Wegfahrsperre .
11
Besagte erneuerbare Energien geben Zutrauen :
Von guten Geistern umfangen ( grauen )
beglaubigt von Wellen und Winden ,
inmitten noch von Bausünden ,
beglaubigt von Winden und Wellen
( reellen Fällen
von Heimat ) .
12
Da wo das Land nichts wert ist , irgendwo in `la France Profonde´ , gibt es flächenversiegelndes Labyrinth : Asphaltorgien Richtung Nespresso und Tankstelle ; und Starbucks tarnt sich an der Raststätte bei Rouen in einem sympathischen Japan-Landschaftspark mit Schilf und Karpfen . Sollen sie doch , sagt die Vernunft .
Asphalt hier wie an der Péage : Beruhigende Handauflegung . Und am Rand , zuverlässig , Bäume .
13
Le Havre ist die Hauptstadt des Nach- 45-Beton . Niemeyer , Oscar , baute hier ein Kongreßzentrum `le Volcan ´. Die Stadtviertel , die den Krieg überlebten , sind so hässlich geblieben/geworden , dass man das britische Kriegsministerium um neues Bombardement bitten möchte .
Aber : Die neuen Magistralen , Wohnkastenkanten , Ehrlichkeiten verbinden Planquadratsprosa mit Alltagslyrik . An den Markthallen , zum Beispiel . Kein Kitsch , keine süßliche Verführungsseligkeit : Wer kommt schon nach Le Havre ?
14
Saint Adresse bietet seine Vedoute auf Meer und Küste wie einen Landschaftsbauchladen : Sichel von Land , Ernte von Meer , SeeSaw Eskapade-
eine schwüle Sonne wienert
leichtesten Lagunenwellengang ,
Lava am Kraterrand ,
Krabbentümpel Tang ;
Feeder fahren schnurgerade ,
lassen besten Gewissens Spuren ,
schreiben deutlich Trennungsstriche/
Schlussstrich/ Extratouren / Liegekuren/
Wasser-Sinekuren .
15
Und dann : Ein Riese ( Hamburg-Süd ) schiebt sich langsam aus dem Bassin heraus , wie ein Mensch vielleicht zögernd eine lose Planke beträte . Andere Schiffe vergrößern sich von Westen , vor dem Abendhorizont sichtbar gefangen wie
Fliegen , gefangen auf Klebepapier .
16
Tatütata –Möwen über Hinterland
und Länderspiel Algerien-Senegal ,
doch anders als Algeresen und Senegaliern
ist Möwen das Spiel egal ;
vom Bett aus das Spiel
Algerien-Senegal …
französische Matratzen
tun wenig gegen den freien Fall .
17
Diese Pension macht auf Hinterhof-Oase , die Brennessel auf Palme ; ob der Preis gerechtfertigt ist ? kommt drauf an ,
wie man den Stuhl rückt ,
worauf man blickt ;
je nachdemwie plaziert ,
was man beim Mietpreis verspürt .
18
Regen-Flutung in Le Havre : Es gischtet , sprüht , pladdert , soviel Reinwaschung von Beton wäre doch nicht nötig gewesen . Der Regen , senkrecht von oben , lässt die Betonbauten hier jedenfalls senkrechter aussehen als die Skyscraper von New York .
Lineares Delirium in der 1948 neu gebauten Stadt , lineares Labyrinth , gäbe es so was .
19
Kitsch in den Verkaufszeilen , auch im Museumsshop vom `Musée André Malraux ´: Kitsch ist der Korridorblick auf Geschichte ,
Blick zurück ohne Zorn ;
auch hier , gerade hier
im Plattenbaurevier
kleine Kitsch-Klitschen
der privilegierte Korridor
auf Geschichte ohne Horridor :
Kitsch-Gewürz :
Blick zurück ohne Zorn –
Woher rührts?
Besser als Angst im Blick nach vorn ?
20
und die massenhafte Affinität mit Impressionismus en gros et en detail : Der narrative Dunst um Degas/Monet/Morrisot/ Sisley/egal , Dunst und Geflimmer , narrativer Dunst als
Apage Satanas !
gegenüber damalserstrecht auch heute industrieller Lebenserzeugung : Impressionismuskitsch als Protest!! (-Watte ).
21
Klageweiber in der Luft breiten , zerren , pfropfen mehrfach Trauertücher , dazwischen Stoßtrupps spritzig , man-made dazwischen Sirenen : Krähenfluch , schlecht gelaunt zerstreut , Möwen über allem , diesem und jenen :
Haltet ihn ! Haltet den Schuft !
Die Stadt pfützig
(wo sind die Schufte ?!)
um die Mittagszeit ,
Schufte weit und breit .
22
Ein Hüne , gebirgig an Containern ,
hat es nicht eilig nach Bremen ,
ein einlaufender Tanker hüpft und
hats eilig vor Ladenschluss
( aus Syracus ) .
„ Hier IHR Container-Gebirge !
werter Kunde ,
in aller Munde :
Langsam
mit wichtigstem Nachschub Wegwerf-Nullbedarf-Krempel-Kram
davon hat man nie zuviel “ ;
träge
löst man sich vom Landungsstege ,
macht sich auf Transatlantikwege
23
Auf meinem Nachmittags-Kinn ist das Schmirgelpapier gut besonnt , mit Blick auf die Seine-Lagune , kristallin, mit Sonne gepudert ; die Szene bleibt weitläufig von Krise verschont , ein Tag von/für Impressionisten gemacht ,
oder für Gauguin den Regellosen
mit seinen Fellatio- Preziosen .
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Düsenjägerformation über Honfleur
malt in Kringeln die Trikolore ,
malen bleublancrouge-softcore
Nachmittags-Meteore…
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Alles Fahrtziel ist Schillern ,
Zukunft ein Gabentisch –
wie verlässlich dieser Horizont !
Kein Fehler ! Nicht hier , nicht systemisch .
26
Möwen mit Vorhangsgekreisch ,
senken den Theaterhimmel ab auf die Bürger ,
ein Wirbel dement
als ob ein Theater abbrennt .
27
Le Cotentin :
Auf einer Halbinsel , von drei Seiten im Wasser-Würgegriff , sollte nicht Platz sein für eine Müllhalde .
28
Herausgeputzt : Die Sommerbescherung :
Alle Raststätten villes fleuries ,
Strandrestauration .
Keinmal werden wir noch wach –
dann ist wieder D-Day-Tach .
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Einige Frauen stellen sich vor den Regalen auf die Zehenspitzen , um wirklich alles noch besser sehen zu können . Ihre Kinder mögen sie dafür .
30
Unser Manoir de Chevreuil in Cherbourg : Hat einen Garten , durchzogen mit einer Dufy-Schrift ; die Schatten korrespondieren in Anspielungen , was den Schatten lanciert / buchstabiert ; Raoul -Dufy-Morsezeichen ,
einsam aber zutraulich
PunktPunktKommaStrich
Gartenzeichnung mit Tuschefeder
und PreussischBlauGrün
gesetzt verwischt und stehen gelassen
Karikatur und Aquamarin
Katzen nehmen Sonnenbäder .
31
„ Und hier verlassen Sie das 21.Jahrhundert!“
`Hier´ heißt : Unser Klosterhof , kollagenhaft integriert in einen westlichen Vorort von Cherbourg .
Apropos Vorort :Städtische Agglomerationen streuen sich in ihrer kommunalen Artikulation unübersichtlich drängelnd wie eine Galaxie . Hat man Ecqoerdreville hinter sich gelassen , etwa auf der Landstraße Richtung la Hague , tritt man hinaus in ein leeres All , in Frankreich meistens ( auf dem Cotentin nicht ) getarnt als endlose Getreidefelder . Fressen diese Ackerprärien auch Materie ?
32
Anderswo kalmiert uns das Meer , oder jetzt im Garten das Moos , an Baumrinde stationiert , wuchernd , Wucher hier keine Sünde . Moose wie Löschsand , Besiegelung ; in der feuchten Warmluft des Cotentin dienstbereit . Ein Garten zum Wandeln , wie zum Teig-Auswälzen .
33
Das Meer am Pointe du Jaubourg ,
ein endloser Begriff von Smaragd und Saphir ,
in Segelfliegerthermik
Sonnenkür .
Tintenmaserung ,
Horizontmull ,
Windgekraul am Ohr ,
berauschendes Normal-Null .
34
Cherbourg , Place de la Fontaine
Die Möwe planscht im städtischen Springbrunnen , irgendwie schlechten Gewissens , schaut drein , als verstehe sie die Welt nicht mehr …
und alle Französinnen ,
Mädchen wie Damen ,
sprechen wie in Bilderrahmen ;
die Karyatiden am Theater
halten das Gewicht kaum aus ,
stöhnen schwer unter der Last :
„ Hoffentlich erfindet zum Kontrast
bald einer das Bauhaus .“
35
Um eine Ecke der Cotentin-Küstenstraße biegend , sieht man sich der Centrale Nucléaire de Flamanville gegenüber . `Centrale´ ist ein passend gewähltes Wort : Hier konzentriert sich etwas , etwas Finsteres …Der Angestellten-Parkplatz ist dicht besetzt ; die Zentrale kaserniert ihre Arbeits-Ameisen .
36
Frankreich ist so riesig groß , hat so viele Fein-und Feinstbruchstellen zwischen Dorf , Weiler , Kleinstadt , Marktflecken ,Vorstadt . Bis zu Erfindung und Verbreitung des Autos war den Franzosen das Nachbar-Département ( mit der Irgendwie –Nachbar-Nummer ) ein anderer Erdteil .
Daraufhin kann man natürlich auch `DIE Engländer , Deutschen….. ´ hassen .
Und die Revolution seinerzeit in Paris : Auf 3 städtischen Quadratkilometern fanden Diskussionen über Ganzfrankreich
( um nicht gleich zu sagen : Die Welt !) statt , über das Geschick aller Dörfer , Weiler … und die politischen Clubs setzten in diesen Dörfern , Weilern … ihre jeweilige politische Mode durch: Auch eine Art `Welt ´-Wunder .
Als schraubte man sich in einem Mikroskop die Sehschärfe zurecht : Vive la France ! Meister im Spiel der Maßstabssetzung …..
37
und Napoleon beendete Spielzeugwelten und baute darauf , dass 1794 schon genug Jungs gezeugt werden würden , damit
er 1812 nach Russland ziehen könnte : Schwamm drüber , lange lebe das 19. Jahrhundert , und das 20. gleich mit .
38
In diesem Abendgarten
hat keiner offene Rechnung mit mir ,
der Abend hat alles gesehen ,
schließt die Bücher ;
süffig sein Schweige-Elixier ;
gehen wir erhobenen Haupts
durch die Abendtür ;
die Welt hat keine Waage dafür .
39
Auf einer Halbinsel , einem Felsenkap , von links nach rechts ein Meer verfolgen wie die Sonne geht , wie kein Zeiger
steht , der Ozean wie eine immer unbeantwortete Frage ; das Land schroffe Nichtantwort unter Farnen ; so mag sie gewesen sein , die erste portugiesische Reise entlang Afrikas
Westküste .
40
Rilke mal wieder zu Gast
im soundsovielten Schloss ,
lehnt sich zurück im Gartenstuhl ,
genießt was er oft schon genoss :
Man lässt ihn halt machen ;
der Wind flüstert drein ,
er denkt : Mein Wirken wiegt
dies auf ( und ist mein ) .
41
Aufwachen morgens zur Vogelaudienz ;
die Tauben trommeln stumpf ,
Bittsteller um mich herum ,
Krähen in stillen Elends-
ausbrüchen .
42
Bücher kaufen ! Ich liebe ihre Versprechen immer weiter , sie lesen ist wie Besuch bekommen im Knast ; aber ihre Versprechen wie Lese-Lust, Mitgebenslust , Titel und Umschlag und
in- der- Hand- Wiegen
was sie an Leben verfügen ,
Gewicht was das an Lesens-,
Lebens-Zeit in Selbstvertretung
verspricht ……
43
(in der Baie von Carteret )
Wenn Gauguin hinaus aufs Meer sah :
Was erwartete er ?
Eine je neue Startlinie schlug die Brandung ,
wie die Herzschlags-Totenlinie :
Kein Signal Kein Signal…
beruhigender Kardiograph
44
Alten Leuten nicht weit vom Grab
kann man viel erzählen ,
sie geben ein dankbares Publikum ab
fürs Surreale : Was ? Das war ICH ?
Hier war ich auch schon mal ?
Nihilistisch parodistisch:
das las ich einst ?
Und wenn….auch egal !
Eine Streuspur wie bei Dali …
Was ? ICH ? Nein , hier war ich nie .
45
Die Welle rollt an und klettert an Dir hoch , will Dich ganz , eine schützende Hand schließt sich um Dich
eine Schleuse aus Menthol
will Dir wohl
polynesisch französisch .
46
Wie ich gerade wieder merke :
Vielfalt ist meine wahre Stärke !
In mich passen viele Talente rein :
Zum Glücklich-wie zum Unglücklichsein .
47
Brandung , die unvollendete
querab Jersey , Refrain
oder Sonnengemorse , kurzkurzkurzlang
von mir ertappt ( Gauguin ) .
48
In Versailles , Hameau de la Reine ; der Weiler der Königin Antoinette ist liegen geblieben hinter den Mauern der Gewerbegebiete und Vorstädte ; Banlieues und Verkehrsachsen…
Wer Stadt sagt , meint : Versiegelung , Unterwerfung eines taumelnden Großraums , wo die Gangs verschiedener Straßen sich fetzen .
Irgendwo inmitten der Flächenversiegelungen von Cherbourg liegt unsere ländliche Idylle , das Manoir , ein Naturpark mit alter Gemäuerumrandung . Aus den Steinritzen wächst würziges Farn und ein ganzes Herbarium . Bezahlbarer Wohnraum für alle , höre ich .
49
z.B. Planters´ Aristocracy :
In angenehmer Ratlosigkeit
mit Blick auf Gärten, Felder ,Fluss
seinen Sklaven sagen : Ich weiß auch nicht ,
wie man sich das erklären muss .
50
Wenn oft erzählte Episoden in der Chronologie durcheinander geraten : DAS war wirklich VOR DEM ? Und : Wie habe ich mich damals an das schon vorher Vergangene erinnert ? Karten zücken , ausspielen , im Spiel genannt : AUCH ein Leben .
51
Heute also erweist sich der Bahnhof von Carteret tatsächlich ! als mittlerweile geschlossen . Das Hotel-Restaurant von damals ist jetzt eine `Résidence´, wahrscheinlich für Oldies . Als ob die wiederbesuchte Stadt erstaunt aufsieht , aber jetzt sanft
durchaus drängt : DU bist ( mit irgendwas ) dran .
52
Frankreich : Eine robuste Meile ! Kitschgetränkt in Einkaufs-zonen mit Ameisenhaufenfamilien und Rucksacktouristen . Dann und wann Sonne und Meeresblick . Wenn Proust nicht wäre !
Die Länge einer `Zone Pietonale ´ entlang wird also beschallt von einem Straßenmusiker , einem selbsternannten !
( wurde ja auch Zeit , dass da mal wer kam ! ) Entdecker von Seele , Eremit oder Entdecker der Wüste ( hallo!hallo! hallo?) , der dann aber leider – so kann es kommen !- eine schlechte Nachricht empfängt : Oh Nein ! Nein ! Nein ! … alles innerhalb eines Songs und umsonst .
53
Gönnen wir uns einen aristokratischen Gartenrundgang in Rüsche , Seide und Culottes……Als Ausdruck von Langeweile undoder Meditation ? Beim Wandeln im Château Ravalet , Cherbourg Tourlaville.
Ich weiß , ich bin blasiert ,
nicht einer , der fotografiert .
54
Sie
lächelt nur jetzt so ,
ist sich nicht sicher , ihrer und seiner ,
aber : SO wird sie nicht wieder lächeln ,
nicht für ihn , nur für den Nächsten :
Eine Eintagsblume .
Ab jetzt sind die beiden Verlierer ,
dann liegt erstmal alles brach ,
bis danach
wer kommt , der andere ausstach .
55
Drei-Komponenten-Kleber :
Haare –Schultern-Busen-Po-
Schultern-Beine
( ich war nie gut im Zählen )
angewendet auf Damen und Frauen ,
mehrere von ihnen im Vereine .
Komponentenkleber
im Laufstieggestöber ,
Sprechen und Schweigen
ihnen zu eigen ,
auch ein Hochziehen von Augenbrauen
wirkt , nebst Inszenieren,
Dosieren
von Dramen ,
Mädchen und Damen :
Kleber von drei Komponenten
neben den bereits erwähnten .
56
Über braunen Schultern die Möwe
zärtlich wie ein Mutterblick ;
über dem Place Centrale
ein Saum von gelbem Schmetterlingskleid ,
leichter Stoff in frischem Windstoß :
Marktzeilenweit
hinterrück-
s.
57
Meine Mentalität !
Bin der notorische Spätzünder , der achja, Auch- noch- im- Boot-sich- Finder ;
wenn alle schon gehen….
was man eigentlich hätte sagen müssen …
hab schon angefangen ,
Euch zu vermissen .
Suche krampfhaft die gültige Sicht ,
drunter tu ichs beim SmallTalk nicht ;
gestatten : Notorischer Spätzünder ,
in allem Gegenwärtigen ein Haar zu finden
bzw. es schon mal zu spüren .
In meiner Gegenwart kann man nur frieren :
58
Schmecke im Nachhinein
die Suppe ab ,
schaue unweigerlich kritisch drein ,
würze nach ,
tauche auf aus dem Photolabor..
was würde Proust dazu sagen :
Dass es so was noch gibt in Euren Tagen !
Könnt ja in `Swanns Welt ´nachschlagen .
59
Der Blick aufs Meer ist Bilanzblick , auf Tabula Rasa oder doch auf Menü und Programm ? Lebensversicherung ?
60
Durch unsere Gärten
zogen Normannen und Engländer ,
fließt ein Meer daher .
Doch
Essen in französischem Restaurant
ist nichts für Klaustrophobe ,
umstellt wie man ist von französischem Eigenlobe .
61
Vom Algenkranz Kohlgeruch ,
frischer Meeresmief !
mit Salz und parfümiertem Tuch
Möwe und Sonnen-Ocker ,
Desert zu Meer ,
Falaise und Kliff ;
das Meer hat alles im Griff .
62
Hämische Möwenlache
von Theaterrängen ,
wie wenn ein Papierwolf lachen könnte ,
sagt der irre um sich starrende ,
paranoide , kaum die Haltung bewahrende ,
der sich als Sieger wähnte ,
unterschätzter Poet ;
die Möwe lacht : Zu spät !
Baudelaire war schon ,
der Poet träumt nicht von
Sonnenaufgängen ,
sondern von sich Aufhängen .
63
Jardin des Fuchsia , Saint Vaast
Nicht einfach Paradies : Oase!
Vor St.Vaas erreicht mich
polynesische Auftragsflut
( Gauguin erstickt an Schaffensphase ) ;
kleinteiliges Gartenjuwel
in grüner Lichterpalette ;
der Wind schaut vorbei ,
turnt ne Runde am Barrengeräte .
Darüber eine Möwenglocke
im Möwen-und Azur-Himmelbett ;
eine Käseglocke von Sommer
macht Vergänglichkeit wett .
64
Vier Himmelsrichtungen blau ;
im Sonnengarten so was wie : Beten ;
der Wind buchstabiert
Wort-Diäten ,
Palmen Platanen Lorbeer
Malven Hortensias Acaleen –
mein schöner Mantel ,
in dem bin ich gut zu sehen ,
der Gast auf Dschungel-Expedition
findet Neuland um die Ecke
im Jardin de l´Hotel Fuchsia ,
in Blumen und Sonnengeflecke .
65
„ Hier wächst alles von alleine !“
der Garten auf der Überholspur ,
sagt ein urban Gebrandmarkter
inmitten der Gartennatur tout autour ;
der Wind biegt sich die Bäume zurecht
zu Recht !
designiert und alphabetisiert
das vegetative Gewucher , Geflecht
verschlüsselt und chiffriert .
66
Wir zahlen Geld in die Zeitkasse ein ,
ein Konto wie in der Schweiz ,
wo ein Gauguin schöne Bilder
verkauft , seinerseits ,
und einige machen Photos ,
andere sich literarisch breit :
Beide in Konkurrenz zum Priester :
Der rettet auch für die Ewigkeit .
67
Der lange Wal (dahinten !) fernab am Horizont : Ist Alderney .
Wie ein Urteil !
Auch dort sind Mütter stolz auf ihre Kinder : „Schau mal , der kleine Jonas !“ Wie süß !
Vor Alderney sank 1912 , in Friedenszeiten , zeitgleich mit der Titanic , auf Nimmerwiedersehen , das U-Boot `Vendemiaire ´.
68
Port Racine :
Das Wasser spannt den Hahn
vor der Flut ( so hört es sich an ) ;
noch plätschert der Hafen untief
wie ein Weihwasserbecken .
Das Boot an der Boje , getauft , einmal mehr .
Im Park Gedichte von Jacques Prévert ,
für Menschen , die an Bestmögliches glauben ;
wer will ihnen guten Schlaf rauben ?
69
Oh einsame Kuh !
( auf der Sturmhöhe über dem Hafen ) ,
vom Kontinent die Galeonsfigur ;
der Horizont nah und weit ,
mit aller Weltenzeit :
Eine Welten-Uhr ,
Riesenzifferblatt ohne Zeiger ,
verlangsamt alle Dinge ;
Horizont blau trennscharf
wie Damaszener Klinge .
70
Wie Golgatha , Standartenträger ,
ziehen landeinwärts über die Hügel
die Stromleitungen von Flamanville ,
wie die Galgen von Cythera ,
wie Polypheme
über die Hügelkämme ,
Elektrizitätsgewährer .
71
Der Schwung der Hügel sichelt sich in den Horizont ,
wir , Perlentaucher am Kratersee ,
schauen auf die Baie :
Über den Hügelfeldern lightshow-Wirrniss
je nach Wolkenriss ,
matt-schwarz-gold-glänzend Licht an/aus
kurzkurzlang :
Ich denke an den Titanic-Untergang .
72
Zögernden tastenden Tritts…
Pioniere betreten das Café..
wäre gar hier das fehlende Puzzle-Teil ?
zu lifestyle concept und Daseins-Idee ?
Wir lauschen nach Echo
der Kellnersprache ,
dem einzig richtigen Treffer im Lotto ,
unser Tasten ist das letzte Zucken
von `liberté ´ ;
das Ambiente gibt sein `okay ´ …
wir werden nie echt als Chamäleon ,
treffen nie einheimischen Ton …
73
Regentag in Touri-Diaspora !
entlegen ! weil individueller !
Kapuzen-Sportive trösten sich :
`da vorne wird es heller ´ .
74
Aus dem Nichts auftauchend die schroffe Schönheit , die keinen weiten Blick nötig hat und nicht ablenkbar ist ! Sie bettelt nicht um Wahrnehmung , sieht sich nicht als Straßenfegerin ; eher ist sie der Schiffsbug einer Yacht , die nur ein `Voraus´ kennt .
75
Trostlose Touris bei Verlassen des
Bücherladens ,
im Regen bemüht um
Begrenzung des Schadens :
Nur einmal ! dem Lokal `a demain´ zuwerfen !
Das Warten darauf frisst an den Nerven …
Tourismus als Spätfolge des dix-neuvième
sozusagen seismisch ,
für spätere Zeiten :Ja , ich schäme
mich ,
gehöre ( oder auch nich )
zur Crème de la Crème .
76
Geiger dümpeln gewogen wiegend den Booten nach , zum Konzert im Château Ravalet , man spielt Palestrina . Die erste Violine dümpelt sich in Fahrt , schaukelt die Musik heim : Michael , roll the boat ashore …….
In Feininger- Länge und –Dürre ( das macht der Frack ) , passend zum Sturmstoß draußen vor dem Schloss , wie verschlafen stolpernde Spätkommer Richtung Zug :
Mit Elan wirft sich her und hin der Bambus-Strauch vor dem Fenster , wie ein Fragezeichen , wie Notenschlüssel windend, wagend vor der Angebeteten den Veitstanz suchend , einen holprigen Hahnenkamm entlang .
77
Reprise :
Ach einmal so richtig `a demain´ sagen ,
wie der Einheimische im Recht ,
stossfest und zielsicher ,
so ein richtig Ausgewachsener ….
halt ein Heimicher !
auf zum letzten Gefecht ,
sage ich da .
78
Gunnera maricata aus Brasilien ,vulgo `Riesenrhabarber ´, Farne , Palmen , Hortensien ,Moose , die Evolutionsleiter rauf und runter , Bambus , Eukalyptus , Bananenbaum und Farne ,
wie Unkraut , wo es halt geht notfalls noch aus dem Stein
herausgepresst , Rose , Schiefer , Basalt , Palmen , Farne , darüber Wind und Wolken , Sonne , unsere Holzbootscheune in Wind , Regen und Sonne ; mein Lieblingsgeruch ist Buchsbaum-Essig-Aschenfusel .
79
Wenn DAS alles ist ….
wenn DAS wichtig ist ….
80
eine schlaflose Nacht halt .
Die Höfe ( auf Berg , im Tal )
vor der Wiederaufbereitungsanlage La Hague :
Sind sie übrig gelassen ?
unbeirrt geblieben ?
haben sich geduckt ?
sind vielleicht in aller Fruchtbarkeit und Pracht
nur Fußabtreter der Techno-Omni-Präsenz ?
Rekonvaleszenz
wann je , an welchem Tag ?
La Hague
an heiterem Sonnentag …
81
Und überall Handybetreiber
in ihren (`Moment mal ´) Gebetsnischen ;
sie regeln Dringlichkeiten ,
Termingeschäfte …
oh Sitten ! Oh Zeiten !
82
Im Jardin de Vauville
ein Überangebot : Hydrangea –Broschen
wie von Lalique : Die Gärtnervariante ,
hier nicht aus SaphirSilberDiamant ;
durch Eukalyptus-Wracks gewrungene Stämme ,
Äste in verwehter Geste ,
den Jolly Roger am Horizont
ist man gewohnt ;
die Winde gehen an Land ,
Atalante
im lauen Wind eingesponnen….
wahrlich Sonderwirtschaftszonen !
83
Alle meine Billigkeiten
wolln auch Andere ausbreiten
Deutsche eben ,
die zu leben
bekanntlich wie nichts sonst verstehen…
dass ICH deutsch bin : Ist Versehen ;
ach wie gut dass keiner weiß ,
dass ich Mr. Babel heiß .
84
Mein Altmännerbauch im Manoir-Spiegel :
Wie eine Schwangere !
dick sozusagen in Ehren ;
vor uns : Freudiges ? oder schweres Gebären ?
85
In der Gartengegenwart des Schönen ..soll man gar :
Photografieren ? Worte und Reime suchen ? Angesichts angefühls dieser Milde als Programm , dem Medusenblick des Schönen , der entwaffnet ; oder all dieser Anwesenheit in einer Art überforderter Zerstreutheit begegnen , welche Anwesenheit
entschieden umdeutet , Richtung Erlöstsein ? Ach ja , schön hier …
86
Dazu das Schwamm-drüber-Geräusch
des Wellenanschlags :
Auswaschen von Seins-Mineral
unter dem Himmels-Krönungssaal
( zu Joggerinnen-Qual ) .
87
Jogger in ihrer Humorlosigkeit:
Schaltend Gänge runter und rauf ,
zu oft nicht gut in der Zeit ;
drum äugend auf der Jogger Lauf :
Dichter in ihrer Kleinlichkeit .
88
Die Frauen der Franzosen
in ihren Metamorphosen
von Stil-Ikonen
zu archaischen Matronen :
Kurzgefasst
ein okzidentaler Entwicklungsast .
89
Alte Leute , die
auf Ordnung halten , wachen
über Rest-Jugend .
90
Bei einer Reise ertappt ! und überall irgendwie kaum zuhause ; am Ortseingang von Valognes
ein Abstellplatz für gens de voyage ( Zigeuner ) ;
zwingend ist der Orte keiner ,
erst recht nicht natürlich auf Grand Tour ,
die Freude in uns stellt sich da auf stur .
91
Valogne , ein schöner alter enger kleiner ungeduldiger Ort mit eiligen Autos ; ungeduldig : Wohl weil er meint , er müsse aus der Geschichte seiner historischen Versunkenheit
zur Gegenwart aufschließen ,
Stadt der hohen Kamine ,
von Balkon und Bühne
aus Oleandertrögen ,
die uns Dichter mögen
( haben aber keine Zeit zu grüßen ) ,
92
Valogne , die Unbestechliche ,
Stadt , die Dich gewähren lässt ,
die weiß um Dein Fluchtsyndrom ;
sie hält Dich nicht fest .
Keine weitere deutsche Einquartierung ,
keine Fraternisierung ;
la France Profonde :
Un monde
( Brasserie Versailles Normande : Déclaré d´interêt public )
die Welt schwitzt Deutsche anderswo aus ,
ziemlich viele ;
ici l´ exile.
93
Aus den Bäumen des Hotels `les Fuchseas ´ zu St.Vaas-
la-Hogue
eine Tauben-Frenesie , sie suchen
hektisch den Schlüssel, das Lösungswort :
Wie kommen wir raus , von hier fort ,
wir wollen , wir müssen von hier fort
und Möwen schauen von noch höher ,
lachen hämisches Gewieher ,
machen sich einen Spaß daraus
wie die Wächter im Irrenhaus .
94
Das wahrhaft ewige Wehen der Röcke ,
das Blättern der Seiten ,
das Stimmen von Saiten ,
das ewige Wehen von Rocksaum…
ich altere nicht oder kaum .
95
Den Möwen ist nichts heilig !
Sie scheißen sogar auf die großherzig
entfalteten Bananenbaum- Blätter !
Ist ihnen egal !
Gefangene werden nicht gemacht .
96
Ein Balkon am Ende des Piers ,
wo Magritte ihn für angebracht hielt ,
wo die Möwenmucke spielt ;
am Ende der Welt ein Balkon
mit Blick auf Park und Meer :
Was treibt uns von hier weg ,
was trieb uns hierher ?
Ans Ende der Welt ?
Ich habe mich verwählt .
97
Dein Gedicht als Kinderschluckauf:
Hast Du einen Schlick ?
nein , ich schreibe ein Gedicht ,
die Möwe als Lachsack
lacht uns ins Gesicht
Hick ! Du Sack !
hast einen Schlick…
bin Möwe bin Dichter
lache hier den ganzen Tag .
98
Menschen können sich nicht beherrschen ,
wissen nie ,
wann sie zuviel , zuwenig sind ,
wann sie vonnöten sind
zur Inspiration fürs Genie .
99
Das ablaufende Meer in seinen Maschen
hinterlässt Tang , Kadaver , Moose und Salz ,
riecht
wie eine Rauchkneipe am Morgen danach
vor dem Lüften ,
läuft brach .
100
Der Cotentin ist Nährlösung ,
auf dass das Leben bleibe,
sättigend , satt , triumphiere ;
der Tod ist nur mannschaftsdienlich gemeint ,
eine Art Dreh-Türe .
101
Möwen am Kraterrand
wie geierumstelltes Opfertier ;
Nachmittagssonne dreht die Schatten laut .
Tahiti-Frauen in Blumenzier ,
in Blumentapete im Schatten ,
zur Vermeidung von Sonnenbrand
und Berührung durch Dermatologen-Hand .
102
Unter dem Möwen-Baldachin
bei Ohrenbetäubern und Sinnen-Verwürzern ,
dem Luftraum über
der Garten-Akademie :
Die Worpswede – Dependance
( Pont Aven nebst Barbizon ,
St Ives und Bloomsbury ,
Maison Jaune )
unter all den Ohrenbetäubern
lauter gute Zuhörer :
Es sei Leben !
103
Heimfahrt mit mixed feelings
wer wohin woher und wo
die Sehnsucht des Bildes nach dem Rahmen
Sehnsucht nach Herbst also
wir waren wo wir hingehören ?
und fahren woher wir kamen .
104
Francis denkt : Nette Gäste , die wir hier im Hotel in Cherbourg kennengelernt haben . Martin , zum Beispiel , dieser Arzt aus Olpe , erinnert mich an …und Francis erschreckt .
Welch Zeichen für Alterung ! Männer , Frauen …die sie heute kennenlernt : Immer haben sie einen Schatten : Sie erinnern an Männer und Frauen , zwingend , die sie einmal ` in ihrer
Jugend ´ kannte ; sie hier , Anja zum Beispiel , in ihrer arglos freundlichen Art , dazu mit dieser Körperstatur , erinnert an Jürgens erste Frau , damals , 30 Jahre her ist das .
Als ob ….
als ob ein Menschenleben nur einen bestimmten Vorrat an Freunden , Liebhabern , Feinden ! , eine beschränkte Zahl von
Rollen in einem Theaterstück zu vergeben hat : Dieses
Drama , tut mir leid , sagt der Regisseur und wimmelt neue Schauspielbewerber ab , dieses Drama HAT nur soundsoviele männliche und weibliche Rollen , und die sind halt alle besetzt .
Sehen wir es positiv , denkt Francis , für jede Rolle kann ich als Regisseur aus dieser immer größeren Zahl von Bewerbern geeignete Darsteller wählen . Du , Anja , könnte sie jetzt
sagen , bist eine ausgezeichnete Kerstin –Type , ich nehme Dich .
Anders gesagt , etwas trister : Weil ich Dich , Anja , als Kerstin entdecke ( und nicht als Anja ) , merke ich , dass meine Uhr einmal rund gelaufen ist ; ab jetzt ist zweiter Durchgang ….
105
„ Wie war der Urlaub ?“ „ Gut , sehr gut , aber …“
„ Aber ?“
Aber wir haben es wieder nicht über uns gebracht , den Wagen bei der Rückfahrt gegen Baum oder Brückenpfeiler zu fahren , womit wir beide zeitgleich , also paargerecht , und im Vollbesitz der abgelaufenen Kinokarte , abgetreten wären .
106
Ein Bewertungsportal für Hotels : Alles nur Bestnoten ! Alles super …Für die naturalezza der Umgebung….aber an Sabine glatt verschwendet , die die ganze Reise über nur ihre Höllenlaune an mir ausließ .
Kann man nicht von einem Hotel in Zukunft erwarten ,dass es Garantien für Stimmungs-Stimulation übernimmt ?
107
Zeter zeter , schräge Kumpane ,
die Ihr den Himmel zusammensägt ,
Möwen und Tauben ,
und schraubt und klopft , die Welle , die
hinter mir zusammenschlägt !
zum Aberglauben .
108
Am Frühstücksbuffet !
Bizarres Geschiebe , Verrenken
der Bewegungsmelder über O-Saft
und Müsli .Conoisseur-Zögern !
suchen Sie was Bestimmtes ?
Ich suche nur gewissenhaft .
109
Paris Périphérique , die Vedoute von St.Germain-en-Laye .
Die Kapitale bietet sich unberührt vom Hügel , da die Défense , wie ein aufgespürtes Wrack in klarem Wasser unterseeisch , wie eine Lampe , die man anmacht und dann aus Entfernung ansieht .
Vom Hügel herüberblicken auf Paris , halb ein Blick durch Relativitätstheorien hindurch : Diese entschärfte Skyline könnte auch Frankfurt am Main sein ; Häuser überwiegend weiß , Mont Valérien , Tour Eiffel , Tour Montparnasse , Flusshalbschleife davor hier vorne , wie eine Zeitreise und das Wenden einer letzten Buchseite . Maurice Denis entdeckte hier im Park das Sieb der Baumreihen . Die Aristokratie flaniert , man langweilt sich freundlich und guckt Montgolfièren . St. Germain macht zärtlich .
110
Ein Schlaflied gefällig ?
Bei den Kastanien ist schon Herbst
dank der Canicule ;
das Jahr endet Anfang August ,
das beschleunigt das Spiel ;
um 9 schließt man den Park
von St.Germain-en –Laye ;
die Welt schaut über uns weg ,
im Schloss beginnt das Diner .
Die Kirche hier in St.Germain
ist hallengroß und hell
mit Grab des Jakob Stuart
( reaktionärer Rebell ).
Jakob , teurer Jakob ,
in Deinem Asylexil ,
in Marmor befreit von Deinem Land :
Das hat auch was von Stil !
er ist mangels Alternativen
einfach weiter tot .
In den geschlossenen Park
fällt trotzig ein westliches Rot ,
bei den Kastanien ist schon Herbst
dank der canicule ;
das Jahr endet Anfang August ;
das beschleunigt das Spiel .
111
Weiter schreiben als ob nichts wäre …..
112
Kinder des Olymp mit weiten Armen über dem Seine-Bogen , unsterbliche Eindruckssammler , Eindrucksverwischer , Ihr ,
Impressionistenbrut ….
113
In der Kirche setzt sich der junge Vorsänger wieder hin und lässt jetzt dem schwarzen Prediger das Wort . ER hatte das Lied , sang und dirigierte es , war eine akzeptable Version von David Bowie .
114
Der Wind in drei Minuten von Etoiles
bis hier zum Schloss .
Die Dame grad eben übte vor Spiegel
Kleid , Frisur und Schoß .
115
Die Garten-Parterre unendlich
wie Zahlen weiter Skalen ;
ein König demonstrierte Macht ,
wie weit seine Ansprüche gehen
( oder war es nur Neffe ?
Bruder ? Enkel ?Onkel ?)
und verlängerte mal eben die Alleen ,
der Duc un tel ou tel .
Menschen tauchen da hinten auf
wie als Vorschlag , als Möglichkeit
in den Alleenfangarmen :
Sie sind und bleiben weit .
116
„ Der Urlaub , der alles ändert “….
( der Slogan vom Reisebüro ) ;
der Dichter liest :
Weiterschreiben , als wäre nichts geschehen …
verordnet sich ein Incognito :
117
Der Durchhaltekrümel !
Ein Rettungsboot !
Abgeschalteter Lautsprecher ,
ich allein im Park über
Alphabetisierungsangebot .
118
Allheilmittel Sommer ,
wie Ikonen-Gold im Heiligenschein :
Er bringt das Happy-End !
( neben Gold auch Elfenbein )
wäre da nicht der Kellner-Hunger :
„ Ich lese Dir jeden Wunsch von der Leber !
Ach HÄTTEST Du einen Wunsch !
und wärest mir Trinkgeldgeber !
Ich Tarzan – Du …..“